Die Mikwe
Die Mikwe ist das jüdische Tauchbad zur rituellen Reinigung. Frauen benutzen sie nach der Menstruation oder nach einer Geburt, Männer zur Ausübung religiöser Verpflichtungen oder nachdem sie mit Körpersäften (Blut, Sperma) oder mit Verstorbenen in Kontakt gekommen sind.
Für Christen ist es manchmal schwierig, die Funktion einer Mikwe zu verstehen, denn anders als die jüdische und muslimische Religion kennt das Christentum keine rituelle Reinigung durch Untertauchen. Das Untertauchen in einer Mikwe wird deshalb oftmals als Reinigung im Sinne eines Sauber-Werdens verstanden. Die Mikwe dient jedoch keineswegs der körperlichen Hygiene sondern ausschließlich der symbolischen Reinigung. Der Körper muss beim Untertauchen völlig vom Wasser umspült, keine Körperstelle darf bedeckt sein.
Das Wasser in einer Mikwe muss „lebendig“ sein und unterliegt daher bestimmte Qualitätsanforderungen. In der Regel kommt nur Wasser in Frage, das in einem ständigen Austausch steht, also etwa das Wasser eines Baches oder eines Flusses. Meist benutzte man jedoch keine öffentlichen Gewässer, sondern hob an geeigneter Stelle (etwa im Keller eines Hauses oder in der Synagoge) ein Becken von mindestens einem Kubikmeter aus, vermauerte die Seitenwände und verwendete das durch die Ritzen eindringende Grundwasser. Auch das auf einem Dach gesammelte Regenwasser ist geeignet, solange die Schwebstoffe sich absetzen können und es nicht von Menschenhand geschöpft wurde.
Die Mikwe ist neben dem Friedhof und der Synagoge eine der drei unverzichtbaren Einrichtungen einer jüdischen Gemeinde. Anders als Friedhöfe und Synagogen stellt die Mikwe jedoch einen Privatbereich dar, Mikwen sind keine öffentlichen Einrichtungen. Man betritt das Gebäude alleine, nur von einem Helfer begleitet. Dass ein Kamin zum Standard einer Mikwe gehört, ist noch nicht so lange her. Im Winter war das Wasser eiskalt, erst ab dem 19. Jahrhundert wurden Mikwen gebaut, in denen man wenigstens den Vorraum beheizen konnte, in dem man sich auskleidete und nach dem Tauchen abtrocknete.
Die Mikwe in Laudenbach
Die in Laudenbach erhaltene Mikwe wurde zu Beginn des 19. Jahrhunderts erbaut, sie steht direkt an der Straße nach Himmelstadt auf dem vormaligen Grundstück eines christlichen Müllers. Der Laudenbach, in dem sich unzählige Forellen tummeln, fließt mit gleichbleibender Schüttung und hoher Geschwindigkeit direkt am Gebäude vorbei.
Man erkennt ein kleines, aus Bruchsteinen gemauertes einstöckiges Häuschen mit ungefähr 3 Metern Seitenlänge. Die Mauern werden durch die Eingangstüre und drei vergitterten Fenstern unterbrochen. Nichts erinnert von außen an seine frühere religiöse Funktion, eher kommt es wie ein kleines Nebengebäude der unmittelbar daneben stehenden großen Mühle daher. Wer genau hinsieht, dem mag der Kamin für ein Häuschen dieser Größe etwas ungewöhnlich erscheinen.
Die Wände im Inneren sind mit weißen Kacheln gefliest. Steinstufen führen zum sorgfältig gemauerten Tauchbecken hinunter. Das Wasser für das Becken muss vom Bach her eingeflossen sein. Einen Abfluss sucht man vergebens.
Das Gebäude ist nicht renoviert, die Mauern sind an einer Stelle eingebrochen, ein Notdach aus Blech schützt die Mikwe vor dem Verfall. Das Gebäude ist im Privatbesitz, es steht im Garten des heutigen Besitzers. Zusammen mit der Synagoge soll sie wiederhergestellt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
Die alte Mikwe
Neben der heute sichtbaren Mikwe muss es eine ältere Mikwe in Laudenbach gegeben haben, denn eine jüdische Gemeinde hier im Ort gab es nicht erst seit dem 19. Jahrhundert, und das Tauchbad war eine der drei unverzichtbaren Einrichtungen. Anfangs wird man vielleicht mit einer Behelfslösung im Bach oder im Main ausgekommen sein, etwas anderes stand wohl zu Beginn der ersten jüdischen Ansiedlung im Ort nicht zur Verfügung. Vielleicht gab es auch eine Mikwe im Keller eines Privathauses.
Später muss es wohl eine Mikwe in der Synagoge gegeben haben, davon zeugt eine Notiz aus dem Stadtarchiv Karlstadt vom Jahr 1794: Die Laudenbacher Juden bitten darum, so heißt es dort, „daß mann ihnen eine kleine Röhren in Form eines Flindenlaufes von dem gemeinen Bach in ihre Tauch, welche unterhalb der Schul ist, gestadten wolle, damit solche zeitweis ein wenig Wasser einlassen können“. (1)
Die Schul bezeichnet nach damaligem Sprachgebrauch die Synagoge. Und die Ortsbezeichnung „unterhalb der Schul“ kann entweder „neben der Schul, etwas tiefer gelegen“ heißen, oder auch unter dem Fußboden der Synagoge selbst.
Im Jahr 2019 fanden Frau Prof. Dr. Julia Meister und Julian Trappe vom Institut für Geologie und Geographie der Universität Würzburg im Rahmen einer Untersuchung mit Bodenradar in der Synagoge Hinweise auf einen verfüllten ehemaligen Hohlraum unter dem kleinen Tahararaum. Damit erhält die Vermutung neue Nahrung, dass sich die alte Laudenbacher Mikwe in einem Kellerraum der Synagoge befunden hat.
(1): Stadtarchiv Karlstadt KAR-LB 028/20 — 028/23; 1783 — 1794